jade
chorale wangen beben über
karminrotem lavieren
in Gegenwarten wie dieser
werden mir
die obsoleten Wünsche
in die Augen gelesen
ausführlich
der tag
beiseite gleitend
breit ineinander
die stunden
gewischt
versuch
die zeit zu zerdehnen
auf rechts / höre ich
dautschlaan
© j.gireau
Eine esoterische Schlange windet sich durch Ebenen und Räume des Fridericianums.
Als Einwohner von Rock City (die Existenzialisten und Hesse fröhlich überspringend - in einem Satz zu Kerouac-Beckett-Arno Schmidt: es ist nicht unbedingt folgerichtig, Beuys' Honigpumpe als Hauptwerk der d6 zu betrachten; Esoterik, Metaphysik, Versöhnung von Natur und Kultur (-Technik): Dinge, die nicht meinem Paradigma angehören. Das Un-Ironische ist unmodern und rückwärtsweisend, eine Utopie gegen die herrschenden Dystopien. Eine Metaphysik, die im Kontrast zum Zeitgeist über Erkenntnisgewinnung dreist hinausgeht.
Beuys, den ich bislang nur als brachialen Brecher von Kunsttabus wahrnehme: plötzlich Mensch. Schock.
Sommer '82: a.a.O.: Nichts zu sehen, nichts zu denken
Nach wenig amüsantem Besuch der d7. Ich sitze mit einer Vertrauten in einem Café an der Unteren Karlstrasse. Klaus Staeck im Jackett am Nebentisch. Beuys duckelt herein: Weste/Hut/abgewetzter Aktentasche.
Hier:
schwammeliger Nahostakzent: gebürtigen Dresdners, vogelig, kropfig aufgereckt mit dem Selbstbewußtsein der prozessualen Fremderfahrung - vielfeindvielehr - laut, präsent, agitil, unbekümmert: ein altes Kind der jungen Achziger.
Dort: leise, viel zu hohe Rauhstimme, lächerlicher Niederrheinakzent, klein, biegsam, halslos.
Und doch: den Raum füllt seine Präsenz.
Obwohl:
Sein Beitrag zur d7 ist ganz und gar unartifiziell: Geldeintreiben für ein paar Tausend Eichensetzlinge. Wiederum ganz und gar unironisch. Siebentausend Basaltblöcke nehmen die Bewohner der Stadt in Geiselhaft.
Immer noch wenig vertraut mit Ikonographie und zeitkonformer Rezeption "moderner" Kunst empfinde ich Beuys' Werk als wahr. Vor den Kaspereien Keith Harings, vor Jenny Holzers lyrischen Stickereien. Vor der verstörenden Sepia-Pracht der Becherschen Industriefotographie.
Ich verstehe plötzlich.